Staffellauf #73 von Althea Pappas

Mein heutiger Staffellauf kommt aus Toronto, wo ich mich die nächsten paar Monate für einen Schreibkurs aufhalte. Ich habe die absolut beste Zeit gewählt, um hierher zu kommen – die Schönheit des kanadischen Herbstes ist wirklich klischeehaft. Überall saftige, rote Blätter, jeden Tag strahlend blauer Himmel… Ich habe bei all den herbstlichen Spaziergängen in den vergangenen Wochen kaum Zeit (und Lust) gehabt, den Fernseher anzumachen.

Damit Du trotzdem ein Stück kanadisches Kulturgefühl abbekommst, hier ein paar herbstliche Tipps!

Serie: „Schitt’s Creek” (2015-2020)

(c) Pop TV

Ich bin mit kanadischem Humor aufgewachsen – allen voran den Mockumentary-Meisterwerken von Christopher Guest („This Is Spinal Tap”„Best in Show”). Kein Wunder also, dass „Schitt’s Creek” eine meiner Lieblingsserien ist. Erschaffen vom Vater-Sohn-Duo Eugene und Dan Levy – beide tief verwurzelt in der Toronto-Comedy-Szene – wurde die Serie längst zum Kult. Eine ehemals superreiche Familie, gespielt von den Levys sowie Catherine O’Hara und Annie Murphy, verliert ihr Vermögen und strandet in der Kleinstadt Schitt’s Creek, die sie einst aus Spaß gekauft hat. Was als Fish-out-of-water-Comedy beginnt, entwickelt sich zu einer warmherzigen, klugen Erzählung über Zugehörigkeit und Selbstfindung – typisch kanadisch mit messerscharfem Witz und ganz viel Herz.​

Du kannst „Schitt’s Creek” bei Netflix streamen.

Buch: „Die Aussprache” von Miriam Toews

(c) Hoffmann und Campe

Miriam Toews zählt zu den wichtigsten literarischen Stimmen Kanadas – und ihre Geschichte prägt ihr Schreiben. Sie wuchs in einer mennonitischen Gemeinschaft in der Provinz Manitoba auf, in der strenge Regeln und Schweigen den Alltag bestimmten. Aus dieser Erfahrung heraus erzählt sie in „Die Aussprache” (auf Englisch „Women Talking”) von einer fiktiven Gemeinschaft, in der Frauen jahrelang Opfer systematischer Gewalt wurden – und sich nun beraten, ob sie schweigen, kämpfen oder fliehen sollen. Toews eigener Ausbruch aus dieser Welt, ihre Verluste und ihre radikale Klarheit fließen in jede Zeile. Ein leises, erschütterndes und zugleich ermächtigendes Buch.

​Übrigens: Die gleichnamige (und meiner Meinung nach sehr gelungene) Filmadaption mit Rooney Mara und Claire Foy kannst Du bei Prime Video streamen.

Film: „Good Will Hunting” (1997)

(c) Miramax Films

Okay, streng genommen kein kanadischer Film – aber so viel in Toronto gedreht, dass es fast durchgeht. Die Geschichte folgt Will Hunting (Matt Damon), einem jungen Hausmeister am Massachusetts Institute of Technology (MIT), der ein mathematisches Genie ist, aber mit seiner Vergangenheit und seinen Beziehungen kämpft. Als sein Talent entdeckt wird, eröffnet sich ihm die Chance auf ein anderes Leben – doch er muss lernen, Vertrauen zu fassen. Dabei helfen ihm sein bester Freund Chuckie (Ben Affleck) und der Psychologe Sean Maguire (Robin Williams), der ihn herausfordert, sich seinen Ängsten zu stellen. Gedreht wurde unter anderem an der University of Toronto, die für Harvard und MIT einsprang. Sogar die berühmte „How do you like them apples?”-Szene entstand hier, im inzwischen geschlossenen Upfront Bar & Grill an der Front Street. Vergiss Boston, Toronto is the place to be!

​Du kannst „Good Will Hunting” bei Netflix und Paramount+ streamen.

Album: „Believer” von Sister Ray

(c) Vanessa Heins

Zu guter Letzt noch ein Musiktipp aus der kanadischen Folk-Szene. Ich war vergangene Woche auf einem Konzert der Künstlerin Sister Ray (bürgerlich Ella Coyes, aufgewachsen in Alberta), die ihr im April erschienenes Album „Believer” von gespielt hat. Ihre Songs sind erzählerisch dicht, poetisch und so warm und melancholisch arrangiert – es ist das perfekte Album für einen herbstlichen Spaziergang.​

Besonders hängen geblieben sind der Titelsong „Believer”, sowie „Christmas” (da sind mir beim Live-Zuhören ein paar Tränen gekommen) und „Animal Thing”. Ein wirklich hörenswertes, intimes Album, das jetzt schon der Soundtrack meines Oktobers ist.

In diesem Sinne: Bis bald, aus der goldenen Herbstsonne Torontos!

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