Staffellauf #72 von Julia Mähl • 09. Oktober 2025
Während mir der nasskalte Wind Hamburgs ins Gesicht weht, ziehe ich mir die frisch aus dem Schrank gegriffene Mütze tief ins Gesicht und verstecke schnell wieder die Hände in den Taschen meines grünen Ledermantels. Dabei wird mir eines mehr als deutlich bewusst: Der Herbst ist da. Summer is over.
Ich denke unwillkürlich an die romantisch-melancholischen „Ich entscheide, wann der Sommer zu Ende ist“-Posts auf Instagram und muss leider zugeben – für mich gilt das nicht mehr. Das war’s. Und weiß Du was? Ich bin bereit!
Ich weiß nicht, ob es Dir auch so geht, ob bei Dir auch die Jahreszeiten mit bestimmten Farben, Gerüchen und Gefühlen verbunden sind. Aber während der Sommer für mich noch sonnenblumengelb und hellblau war, nach Freibadpommes schmeckt und in mir das Bedürfnis hervorruft, von einem hölzernen Badesteg in frisches Wasser zu springen, ist nun alles anders.
Der Herbst hat für mich Erdtöne – warmes Braun, leuchtendes Orange – und ich bekomme unwillkürlich Lust auf alles, was auch nur annähernd mit Kürbis zu tun hat: Kürbis-Latte, Kürbis-Suppe, Kürbis-Schnitzen. Ich will mich unter einer dicken Decke einkuscheln, eine Kerze anzünden und den Fernseher anschmeißen.
Denn während mich im Sommer zu oft das schlechte „Ich sollte doch draußen sein“-Gewissen und die FOMO plagen, wird mit Nebel, Regen und dunkler werdenden Tagen auch meine Streaming-Lust wieder angeknipst.
Dazu muss ich eines gestehen: Während ich mich auf der einen Seite liebend gerne durch die Mediatheken fuchse, Empfehlungen folge oder Trailer schaue, bin ich doch auch eine kleine Wiederholungstäterin. Diese Seite an mir zeigt sich aber nur im Herbst (warum genau, habe ich noch nicht durchschaut) – und sie beinhaltet folgende Serien:
Cosy Vibes mit Lorelai und Rory
Ein absoluter Klassiker – und da werden mir wohl viele zustimmen – ist die Serie „Gilmore Girls“. Das mag unter anderem daran liegen, dass in gefühlten 80 Prozent der Folgen Herbst ist und die Serie alles verkörpert, was ich an dieser Jahreszeit so liebe: die Farben, die Gemütlichkeit, das wohlige Gefühl im Bauch. Die Serie wurde zwar in Kalifornien gedreht, tatsächlich aber von der Kleinstadt Washington, Connecticut (nicht zu verwechseln mit Washington, D.C.), inspiriert. Da ich selbst damals in New York State mein Auslandssemester verbracht habe, kann ich sagen: Die ganze Gegend dort ist ein wahrgewordener Herbsttraum.
Neben der Location sind es jedoch auch die Figuren, die die fiktive Stadt Stars Hollow zum Wohlfühlort machen. Angefangen natürlich mit Lorelai (Lauren Graham) und ihrer Tochter Rory (Alexis Bledel) treffe ich mit Beginn der Serie jedes Jahr wieder auf Café-Besitzer Luke (Scott Patterson), Rorys Love-Interests Dean (Jared Padalecki), Jess (Milo Venitmiglia) und Logan (Matt Czuchry), Köchin Sookie (Melissa McCarthy), Stadtsonderling Kirk (Sean Gunn) und viele weitere liebgewonnene Gesichter. Vielleicht ist es bei „Gilmore Girls“ also auch der Wiedersehenscharakter, der die Serie zum Must-See macht.
Weil ich bei Weitem nicht der einzige Fan der Serie bin, ist sie mit ihren sieben Staffeln auf nahezu allen gängigen Plattformen verfügbar – darunter RTL+, Joyn, Disney+ und Netflix.
Spooky Season mit Sabrina
Ebenfalls undenkbar wäre ein Oktober ohne meine Lieblingshexe: „Chilling Adventures of Sabrina“ ist eine Soft-Horror-Serie aus dem Jahr 2018 mit mittlerweile zwei Staffeln à vier Teilen. Ausschließlich auf Netflix einsehbar, kann ich hier bis zum Hals in eine Welt aus Hexen, Dämonen, Kobolden und Geistern eintauchen – perfekt also für einen meiner liebsten Feiertage im Jahr: Halloween. Kleiner Fun Fact: In meinen platinblonden Zeiten war Sabrina (Kiernan Shipka) mehr als einmal Inspiration für mein Halloween-Kostüm.
Kommen wir nun aber dazu, warum mich diese Serie Jahr für Jahr in ihren Bann zieht – und tatsächlich lässt sich auch hier ein Muster erkennen, denn es ist in erster Linie erneut die Atmosphäre, die mich catcht. Düstere Locations, Spukhäuser, neblige Wälder, eine verwunschene Schule und eine verfluchte Stadt – müsste ich mir die ultimativ (das Wort erfinde ich jetzt einfach mal) halloweenigste Kulisse ausdenken, würde ich einfach 1:1 „Chilling Adventures of Sabrina“ beschreiben
Dass die Serie zudem völlig abgedreht und skurril ist – sowohl was die Figuren als auch die Geschichte angeht – macht sie für mich zusätzlich zum Highlight. Immerhin gilt in meiner Welt oft: Je merkwürdiger, desto besser. Jede Folge dreht sich um eine neue, gruselige Bedrohung – sei es für Sabrinas Tantchen, ihre sterblichen Freund*innen oder die Stadt Greendale. Im Gegensatz zum Original, der knallbunten Comicserie des Archie-Verlags, und dem eher lieblich-süßen Vorgänger „Sabrina – Total verhext“ machen gerade die okkulten Elemente, der leichte Horror und die große Portion Seltsamkeit sie zu meinem Herbstliebling.
Gänsehaut mit der Familie Crain
Ich gebe zu – wir steigern uns langsam, aber sicher, was den Gruselfaktor angeht. Meine nächste Empfehlung ist vermutlich nichts für all diejenigen, die schon beim letzten Tipp geschluckt haben. „Spuk in Hill House“, ebenfalls auf Netflix, erzählt über zehn Episoden die äußerst unheimliche Geschichte der Familie Crain, die nach einem Ereignis vor vielen Jahren Hals über Kopf ihr temporäres Zuhause verlassen musste.
Die Eltern, Hugh (Timothy Hutton) und Olivia (Carla Gugino), restaurieren immer wieder alte Häuser, um sie dann für mehr Geld weiterzuverkaufen. Doch dass mindestens eine Person ihr aktuelles Projekt „Hill House“ nicht mehr lebend verlassen wird, machen schon die ersten Minuten der Serie klar.
Was ich an „Spuk in Hill House“ wirklich liebe, ist der subtile Horror und die dauerhafte Gänsehaut, die er in mir auslöst. Ich liebe, wie lange man im Dunkeln tappt, wie sich die Geschichte Stück für Stück aufbaut und wie man immer wieder nach Luft schnappt, während die Geister ihr Unwesen treiben.
Dass die Handlung auf zwei zeitlichen Ebenen – damals und heute – spielt und abwechselnd aus den Perspektiven der fünf Kinder erzählt wird, macht sie umso spannender. Kein Wunder also, dass ich sie beim ersten Schauen mit meinem damaligen Freund einfach durchgebinged habe – von der ersten Folge am Vormittag bis zur letzten am Abend. Wir haben uns nur bewegt, um kurz aufs Klo zu rennen oder etwas zu essen zu holen. Und dass ich beim Zurückkommen jedes Mal unterm Bett und im Schrank nachgesehen habe, ob wir wirklich allein sind, will ich an dieser Stelle lieber nicht leugnen.